Forschungspreis zur Rolle der Ärzteschaft in der Zeit des Nationalsozialismus
Das Bundesministerium für Gesundheit, die Bundesärztekammer, die Bundeszahnärztekammer, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung vergeben gemeinsam den Herbert-Lewin-Preis mit dem wissenschaftliche Arbeiten zu dem Thema „Aufarbeitung der Geschichte der Ärztinnen und Ärzte in der Zeit des Nationalsozialismus“ prämiert werden.
Verleihung Herbert-Lewin-Preis 2023
Am 17. November 2023 wurden zum neunten Mal wissenschaftliche Arbeiten mit dem Herbert-Lewin-Preis prämiert.
Den ersten Preis verlieh die Jury an Dr. med. Amir Wechsler für seine Arbeit mit dem Titel „‘Ich ging nur mit einem kleinen Handköfferchen aus Dortmund fort‘ – Die Verfolgung und Vertreibung der deutsch-jüdischen Ärzte in Dortmund in der Zeit des Nationalsozialismus“. Die akribische Darstellung der einzelnen Biografien vermittle laut Jury einen tiefgehenden Eindruck vom Leid der Betroffenen. So werde abgebildet, welchen Schmerz die Verfolgten erleiden mussten, als ihnen die berufliche Integrität mit dem Entzug der Zulassung zu den Krankenkassen genommen, die ärztliche Approbation aberkannt und der Doktorgrad entzogen wurde und welche unvorstellbaren Qualen die Verfolgten durch den Verlust der Heimat und von Familienangehörigen erlebten. Die Opferperspektive lasse sich auf die Fläche des gesamten damaligen Reichsgebiets spiegeln.
Gleichfalls mit dem ersten Preis ausgezeichnet wurde Aaron Pfaff für seine Arbeit zur „Geschichte der verfassten Ärzteschaft auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Baden-Württemberg von 1920 bis 1960“. Die 40 Jahre umfassende Analyse des Medizinhistorikers offenbare nach Ansicht der Jury die Verstrickungen der ärztlichen Standesorganisationen während der NS-Zeit sowie die Kontinuität der schuldhaften Akteure und deren Verbleiben in einflussreichen Positionen auch nach 1949. Unterstützt wurde die wissenschaftliche Arbeit von der Landesärztekammer Baden-Württemberg. Die Arbeit könne als Muster und Anregung sowie politisches Signal für andere Standesorganisationen dienen, ihre Geschichte proaktiv aufzuarbeiten und sich mit ihr und den belasteten ehemaligen Mitgliedern nach nunmehr fast 80 Jahren nach Kriegsende auseinanderzusetzen, so die Jury.
Pressemitteilung zur Verleihung 2023
Bild: © istockphoto.com/Peerayot
Leben und Wirken von Herbert Lewin
Herbert Lewin, nach dem der Preis benannt ist, wurde am 1. April 1899 in Schwarzenau geboren. Nach einem Medizinstudium arbeitete er in der jüdischen Poliklinik in Berlin, ab dem Jahr 1937 bis zu seiner Deportation durch die Nationalsozialisten als Chefarzt im jüdischen Krankenhaus in Köln. Nach seiner Befreiung nahm Herbert Lewin seine Arzttätigkeit wieder auf. In den Jahren 1963 bis 1969 bekleidete er das Amt des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland. Lewin starb am 21. November 1982 in Wiesbaden. (Quelle: www.zentralratdjuden.de)