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In den vergangenen Jahren hat der zahnärztliche Berufsstand einen erfolgreichen Wandel gestaltet: Die Zahnheilkunde hat sich weg von der kurativen und hin zu einer präventiven Ausrichtung entwickelt – „vorsorgen statt versorgen“ lautet das Motto. Damit wurde ein wichtiger Grundstein gelegt, um für alle Menschen in Deutschland die besten Voraussetzungen für ein lebenslanges naturgesundes Gebiss zu schaffen. Das fängt bereits bei den Kleinsten an: Schon mit dem Durchbruch des ersten Milchzahns wird das Fundament für die spätere dauerhafte Mundgesundheit gelegt. Umso wichtiger ist es, bereits zu diesem Zeitpunkt mit der Prävention zu beginnen. Ein nachhaltiger Erfolg im Kampf gegen Karies ist nur dann möglich, wenn die Zahnärztinnen und Zahnärzte gemeinsam anpacken. Denn es gibt noch viel zu tun.
Frühkindliche Karies nach wie vor gravierendes Problem
Die frühkindliche Karies (Early Childhood Caries, ECC) ist zum Beispiel nach wie vor ein gravierendes Problem. Die Betreuung allein durch Haus- oder Kinderärzte während dieser Zeit reicht zur Senkung des Erkrankungsrisikos offenkundig nicht aus. Extreme Erkrankungsfälle nehmen immer weiter zu, frühkindliche Karies ist aufgrund der Zahl betroffener Zähne, des Schweregrads der Zerstörung und des geringen Alters der Kinder die größte kinderzahnheilkundliche Herausforderung und gilt inzwischen als häufigste chronische Erkrankung bei Kindern im Vorschulalter. Immer häufiger weisen Kinder kariöse Zähne auf, wenn sie die zahnärztliche Gruppen- und Individualprophylaxe erreichen. Annähernd die Hälfte solcher Defekte, die bei der Einschulung festgestellt werden, entstehen in den ersten drei Lebensjahren.
Zahnärztliches Versorgungskonzept „Frühkindliche Karies vermeiden“
Deshalb haben KZBV und Bundeszahnärztekammer (BZÄK) gemeinsam mit dem Bundesverband der Kinderzahnärzte (BuKiZ), dem Deutschen Hebammenverband (DHV) und unter wissenschaftlicher Begleitung der Universität Greifswald bereits im Jahr 2014 das Versorgungskonzept „Frühkindliche Karies vermeiden“ (ECC-Konzept) entwickelt. Damit wurde ein interdisziplinärer Ansatz zur Prävention vorgestellt, um gesetzliche Rahmenbedingungen für einen Besuch in der Zahnarztpraxis ab dem Durchbruch des ersten Zahnes im ersten Lebensjahr zu erreichen. Denn es gilt, die Karies so früh wie möglich zu vermeiden. Dazu müssen Zahnärztinnen und Zahnärzte mit Gynäkologen, Kinderärzten, Hausärzten und Hebammen zusammenarbeiten.
KZBV erwirkt im G-BA Ergänzungen des GKV-Leistungskataloges
Nach mehrjährigem und letztlich erfolgreichem Einsatz der Vertragszahnärzteschaft im Gemeinsamen Bundesausschuss hat der G-BA als wichtigstes Entscheidungsgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen das Konzept zur zahnmedizinischen Prävention bei Kleinkindern in den vergangenen Jahren weitgehend umgesetzt. So wurde das so genannte Gelbe Heft oder auch Kinderuntersuchungsheft durch Ankreuzfelder mit sechs Verweisen vom Arzt zum Zahnarzt für Kinder vom 6. bis zum 72. Lebensmonat ergänzt.
Der bisherige Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wurde zudem – auf maßgebliches Betreiben der KZBV als stimmberechtigte Trägerorganisation im G-BA – durch drei zusätzliche zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen für gesetzlich krankenversicherte Kleinkinder bis zum vollendeten 33. Lebensmonat erweitert. Erstmals werden damit auch Kinder unter drei Jahren in das umfassende zahnärztliche Präventionsangebot einbezogen. Die drei zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen sollen insbesondere das Auftreten frühkindlicher Karies („Nuckelflaschenkaries“) vermeiden. Mit den neuen Untersuchungen wird das Fundament für eine dauerhafte Zahn- und Mundgesundheit von gesetzlich versicherten Kindern gelegt. Karies, Zahnfleischentzündungen, Zahnverlust und daraus resultierende Folgeerkrankungen lassen sich von Anfang an vermeiden. Alle Eltern sollten deshalb mit ihren Kindern die neuen Untersuchungen möglichst regelmäßig wahrnehmen.
Inhalte der neuen Untersuchungen für GKV-versicherte Kleinkinder
Die neuen Untersuchungen setzen insbesondere bei den Ursachen frühkindlicher Karies an. Sie beinhalten unter anderem die eingehende Untersuchung des Kindes, die Beratung der Eltern und eine Anleitung zum täglichen Zähneputzen beim Kleinkind. Dazu haben jetzt auch Kleinkinder bis zum vollendeten 33. Lebensmonat Anspruch auf eine Zahnschmelzhärtung mit Fluoridlack zweimal je Kalenderhalbjahr in der Zahnarztpraxis. Dem Entstehen frühkindlicher Karies kann so effektiv vorgebeugt und bestehender Initialkaries entgegengewirkt werden.
Die Umsetzung sämtlicher dieser Maßnahmen im Leistungskatalog der GKV schafft optimale Voraussetzungen für eine lebenslange Zahn- und Mundgesundheit von Kindern und sind zugleich ein großer Erfolg für die Zahnärzteschaft.
Frühzeitige und umfangreiche Prävention lohnt sich!
Dass sich frühzeitige und umfangreiche Präventionsmaßnahmen für den weiteren Lebensweg lohnen, belegen unter anderem auch die Ergebnisse der Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie aus dem Jahr 2016. Demnach sind heutzutage bereits acht von zehn der 12-jährigen Kinder vollkommen kariesfrei.
Die KZBV informiert an dieser Stelle zahnärztliche Kolleginnen und Kollegen sowie auch Eltern im Umgang mit den kleinen Patienten und unterstützt durch nützliche Anregungen und Hinweise die Therapie im Praxisalltag. Interdisziplinäre Vernetzung und überregionale Zusammenarbeit sind weitere wichtige Stichworte. Das beginnt mit der Beratung der Eltern, geht weiter mit Aufbau und Pflege von Netzwerken mit Hebammen und Kinderärzten und ergänzt die Zusammenarbeit mit Kindertagesstätten und Krippen im Rahmen der Gruppenprophylaxe. Nutzen Sie diese Tipps, Hinweise und Hilfestellungen aktiv, um das Präventionsangebot für Kleinkinder in den Praxen zu erweitern.
Weitere Informationen
Frühkindliche Karies vermeiden – Praktischer Ratgeber für die zahnärztliche Praxis
Broschüre: Gesunde Zähne für Ihr Kind (unter Patienteninformationen)
Medizinische Informationen zur Vorsorge bei Kindern u. a. zu Fluoriden
Richtlinie: Zahnärztliche Früherkennung
Bild: © istockphoto.com/ArtisticCaptures