Artikel
Beschluss
Die Vertreterversammlung der KZBV fordert die gematik und das Bundesministerium für Gesundheit als Mehrheitsgesellschafter der gematik auf, sicherzustellen, dass die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) und das elektronische Rezept (E-Rezept) erst nach jeweils erfolgreich abgeschlossener Testphase bundesweit ausgerollt werden. Der jeweilige Test muss einem praxis- und risikoorientierten Ansatz folgen und von einer durchgängigen Evaluation begleitet werden. Vor der flächendeckenden Einführung müssen alle beteiligten Komponenten und Dienste stabil und sicher laufen und identifizierte Fehlerbilder beseitigt werden. Zeitdruck, der durch zu eng gesetzte gesetzliche Fristen entsteht, darf nicht dazu führen, dass Testphasen verkürzt oder die Testqualität gemindert wird.
Begründung
Der Gesetzgeber gibt mit der eAU und dem E-Rezept in schneller Abfolge die Einführung neuer digitaler Anwendungen der Telematikinfrastruktur vor, die für Versicherte und Leistungserbringer verpflichtend sind. Damit werden langfristig bewährte und funktionierende Prozesse abgelöst, die heute in den Arzt- und Zahnarztpraxen Tag für Tag millionenfach ausgeführt werden. Die Anforderungen an die Prozessqualität und Verfügbarkeit von eAU und E-Rezept sind insofern besonders hoch. Beide müssen unmittelbar ab Einführung friktionsfrei funktionieren. Andernfalls wird die Akzeptanz der Praxen verspielt, die ohnehin gering ist, da beide Anwendungen den Praxen kaum Erleichterungen bringen, sondern vor allem einen Nutzen für die Krankenkassen darstellen. Insbesondere die eAU bedeutet für die Praxen sogar mehr Aufwand, da dort weiterhin zusätzlich Papierausdrucke erzeugt und dementsprechend zwei Parallelverfahren vorgehalten werden müssen. Den Testkonzepten für eAU und E-Rezept kommt somit eine besonders wichtige Rolle zu. Die bislang bekannten Eckpunkte und Testplanungen der gematik zeigen indes, dass die systemrelevante Bedeutung der Anwendungen nicht entsprechend berücksichtigt ist und mit Blick auf die Fristen zeitliche und qualitative Einschränkungen in Kauf genommen werden. Das birgt die Gefahr, dass die Anwendungen unzureichend getestet ausgerollt werden. Um dieses Risiko zu vermeiden, müssen die Testphasen angemessen ausgestaltet werden. In ihnen müssen die Funktionalität, Interoperabilität, Verfügbarkeit, Datensicherheit und Praxistauglichkeit der Anwendungen von Zahnarzt- und Arztpraxen sowie Apotheken, Krankenhäusern und Krankenkassen umfassend erprobt werden. Nur eine breit gefasste und gleichsam ausreichend detaillierte Betrachtung der Anwendungsfälle und des Zusammenwirkens der beteiligten Komponenten und Dienste kann sicherstellen, dass die bundesweite Einführung der eAU und des E-Rezepts gelingt. Insbesondere muss die jeweilige Testphase nachvollziehbar darlegen, wann die Anwendungen die gestellten Anforderungen in realen Nutzungsszenarien erfüllen. Dabei kommt der Analyse und Beseitigung von Fehlern, die in der Testumgebung registriert werden, ein besonderer Stellenwert zu. Zahnärzte und Ärzte nehmen eine Schlüsselposition in der Verbreitung der neuen Anwendungen und der Akzeptanz bei den Versicherten ein. Es ist deshalb essentiell, dass eAU und E-Rezept stabil und fehlerfrei funktionieren und reibungslos von den Leistungserbringern genutzt werden können. Keinesfalls darf erst der flächendeckende Echtbetrieb zur tatsächlichen „Erprobung“ genutzt werden.