Standespolitik bewegt, modernisiert, sichert
Warum Standespolitik?
Wo und für wen wird Standespolitik gemacht?
Wie kann ich mich engagieren?
Warum Standespolitik?
Wie kann der freie Beruf von Zahnärztinnen und Zahnärzten weiterentwickelt werden? Was können, was müssen wir tun, um die Mundgesundheit der Gesellschaft weiter zu verbessern? Wie werden wir unserer Gemeinwohlverpflichtung gerecht? Wie kann unser freiberuflich und zugleich wettbewerblich orientiertes Gesundheitssystem, das weltweit als vorbildlich gilt, zukunftsfest gemacht werden?
Dies sind zentrale Fragen, mit denen sich unser Berufsstand bereits seit Jahrzehnten beschäftigt – mit Erfolg: Die Zahnärzteschaft hat in Zusammenarbeit mit der Wissenschaft neue Versorgungskonzepte entwickelt, die auch bereits schon Teil der Gesetzgebung geworden sind. Hierzu zählen das Konzept für befundorientierte Festzuschüsse im Bereich Prothetik, die vertragszahnärztliche Versorgung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen oder das Konzept zur zahnmedizinischen Prävention bei Kleinkindern.
Dies und vieles mehr war und ist nur durch das Engagement von Zahnärztinnen und Zahnärzten in der Standespolitik möglich. Durch die Übernahme von ehrenamtlichen Aufgaben in den Gremien der Selbstverwaltung leisten sie einen wesentlichen Beitrag zur Sicherstellung und Verbesserung der zahnmedizinischen Versorgung.
Die zunehmenden Einflüsse aus Brüssel und Deregulierungsbestrebungen auf europäischer Ebene, aber auch die gesetzgeberischen Initiativen des nationalen Gesetzgebers haben immer wieder erhebliche Auswirkungen auf die Freiberuflichkeit und die zahnärztliche Praxis. Wer seine berufliche Zukunft jedoch nicht fremdbestimmten Einflüssen überlassen will, wer freiheitliche Werte verteidigen und seine eigenen Ideen einbringen will, der sollte den Mut haben, aktiv in der Standespolitik mitzuwirken. Denn dieses Engagement bietet die Chance, sich sowohl für unseren Berufsstand einzusetzen, als auch an grundlegenden gesundheitspolitische Entscheidungen mitzuwirken.
Denn was wir heute tun, entscheidet darüber, wie die Welt morgen ist (Marie von Ebner-Eschenbach). Oder um es mit Worten von Altbundeskanzler Willy Brandt zu sagen: „Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist sie zu gestalten!"
Wo wird Standespolitik gemacht?
In den Gremien der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen in den Ländern.
Die Standespolitik ist mehr als nur die reine Interessenvertretung von tausenden von Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzten. Durch sie wird die zahnmedizinische Versorgung von Millionen von Patientinnen und Patienten auf höchstem Niveausichergestellt und konsequent weiterentwickelt. Gemeinwohlorientierung spielt dabei eine wichtige Rolle.
Standespolitische Arbeit ist vielfältig. Sie orientiert sich an den Grundsätzen der Freiberuflichkeit und der Eigenverantwortlichkeit von Patienten. Sie lebt vom standespolitischen Interesse und Engagement der Zahnärzteschaft in der gemeinsamen Selbstverwaltung und ihren Gremien. Die Selbstverwaltung ist eines der tragenden Prinzipien unseres Sozialsystems. Sie ist Ausdruck historisch gewachsener Strukturen, in denen die Berufsgruppen aufgrund ihrer speziellen Sachkenntnis dezentral und mit gesetzlich übertragenen Kompetenzen öffentliche Angelegenheiten wahrnehmen. Der Staat wird somit von hoheitlichen Aufgaben entlastet.
So obliegt der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und ihren Mitgliedsorganisationen, den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen in den Ländern (KZV) nach dem Sozialgesetzbuch (SGB V) die Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung von über 70 Millionen gesetzlich krankenversicherten Menschen.
Die KZBV und die KZVen vertreten die Interessen der Zahnärztinnen und Zahnärzte, die für die Versorgung dieser Versicherten zugelassenen sind (sog. Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte). Sie legen in verbindlichen Verträgen mit den gesetzlichen Krankenkassen die Rechte und Pflichten der Vertragszahnärzte fest, aufgrund derer die zahnärztliche Behandlung der gesetzlich Versicherten und ihrer Angehörigen erbracht werden muss. Die Vergütung dieser Leistungen wird mit Ausnahme von zahnprothetischen Leistungen in Gesamtverträgen festgelegt, die zwischen den KZVen und den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen geschlossen werden. Die Vergütung zahnprothetischer Leistungen ist auf der Grundlage der so genannten „ZE-Punktwertvereinbarung“ geregelt. Die „ZE-Punktwertvereinbarung“ wird jedes Jahr von der KZBV und dem und dem GKV-Spitzenverband verhandelt.
Die KZBV ist zudem stimmberechtigte Trägerinstitution im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), dem wichtigsten Entscheidungsgremium der Gemeinsamen Selbstverwaltung. Zusammen mit den Körperschaften und Standesorganisationen von Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen gestaltet die KZBV im G-BA den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung maßgeblich mit.
Als wesentliche Säule der Selbstverwaltung entwickeln KZBV und KZVen in Zusammenarbeit mit der Wissenschaft und der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) darüber hinaus Konzepte zur Verbesserung und Weiterentwicklung der zahnmedizinischen Versorgung. Damit tragen die vertragszahnärztlichen Körperschaften wesentlich dazu bei, dass Patienten am zahnmedizinischen Fortschritt teilhaben und Deutschland den im internationalen Vergleich bisher erreichten Spitzenplatz in Sachen Zahnmedizin hält.
Das wichtigste Selbstverwaltungsorgan der Selbstverwaltungskörperschaften ist die Vertreterversammlung. Die Vertreterversammlung der KZBV - zugleich oberstes Entscheidungsgremium der Vertragszahnärzteschaft in Deutschland - hat insgesamt 60 Mitglieder. Dazu zählen die oder der Vorsitzende jeder KZV und einer ihrer oder seiner Stellvertreter/-innen. Weitere 26 Delegierte werden von den Vertreterversammlungen der KZVen aus ihren Reihen unter Berücksichtigung des Verhältniswahlrechtes gewählt.
Die Vertreterversammlung der KZVen besteht - je nach Anzahl der in der jeweiligen KZV zugelassenen Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte, aus 30 bis maximal 50 Mitgliedern. Die Mitglieder werden von den Mitgliedern der KZVen, also der Vertragszahnärzteschaft, für eine Amtsperiode von sechs Kalenderjahren gewählt.
Zu den Aufgaben und Befugnissen der Vertreterversammlung zählen insbesondere:
- Beschlüsse zur Satzung und zu sonstigem autonomen Recht,
- Wahl und Kontrolle des Vorstands,
- Entscheidungen, die für die Körperschaft von grundsätzlicher Bedeutung sind,
- die Verabschiedung eines Haushaltsplans,
- Beschlüsse zur Entlastung des Vorstandes bezüglich der Jahresrechnung,
- Vertretung der Körperschaft gegenüber dem Vorstand und dessen Mitgliedern,
- der Erwerb, die Veräußerung oder die Belastung von Grundstücken sowie Beschlüsse über die Errichtung von Gebäuden.
Neben der Vertreterversammlung gibt es zudem einen hauptamtlichen Vorstand mit bis zu drei Mitgliedern. Er wird von der jeweiligen Vertreterversammlung für eine Amtsdauer von sechs Jahren berufen.
Weitere Einrichtungen der Selbstverwaltungskörperschaften sind:
- die Zulassungsausschüsse für die Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung,
- die Schiedsämter für die Festsetzung von Vertragsinhalten,
- Bewertungsausschüsse für die Vereinbarung einheitlicher Bewertungsmaßstäbe zur Abrechnung vertragszahnärztlicher Leistungen.
Wie kann ich mich engagieren?
Die Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung eröffnet die Chance, sich aktiv in die standespolitische Arbeit einzubringen und die eigene Zukunft mitzugestalten. Die vorhandenen Möglichkeiten sind vielfältig.
Standespolitisches Interesse fängt bereits mit der Beteiligung an den Wahlen der Vertreterversammlung der jeweiligen KZV an. Der „Gang zur Wahlurne“ führt unweigerlich zur Stärkung der Selbstverwaltung und der Interessen des Berufsstandes.
Um Einfluss auf die gesundheitspolitischen Entscheidungen zu nehmen, ist darüber hinaus aktives Engagement gefragt: In jeder KZV existieren Ausschüsse und Gremien, in denen zahnmedizinischer Sachverstand und ehrenamtliches Engagement gefragt ist.
Zu diesen mit ehrenamtlichen Mitgliedern besetzten Ausschüssen gehören beispielsweise der Zulassungsausschuss, der Berufungsausschuss, das Landesschiedsamt für vertragszahnärztliche Versorgung, der Landesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen, der Beschwerdeausschuss, der Widerspruchausschuss, der Disziplinarausschuss, der Vertragsausschuss, der Haushaltsausschuss, der Kassenprüfungsausschuss, der Satzungsausschuss, der Wahlausschuss und viele weitere Gremien.
Es gibt also zahlreiche Bereiche, in denen besonderer Sachverstand wichtig ist. Insbesondere junge Zahnärztinnen und Zahnärzte sollten sich die Freiheit nicht nehmen lassen, die Rahmenbedingungen der eigenen Berufsausübung im Sinne des Gemeinwohls, aber auch im Eigeninteresse aktiv mitzugestalten, denn: „Freiheit ist ein Gut, das durch Gebrauch wächst und durch Nichtgebrauch dahinschwindet!“ (Richard Freiherr von Weizsäcker, ehemaliger Bundespräsident).
Bild: © KZBV/Darchinger