Dauer, regelmäßige Kontrollen, Mitarbeit des Patienten, Stabilisierungsphase
Nach einer sorgfältigen kieferorthopädischen Diagnostik (klinische Untersuchung, Röntgenbilder, Fotos, Kiefermodelle, kieferorthopädischer Funktionsbefund) wird im Gespräch mit der Patientin oder dem Patienten die individuelle Therapie besprochen und die Therapieplanung festgelegt. Der richtige Zeitpunkt für die Durchführung der kieferorthopädischen Maßnahmen ist abhängig vom Alter, der Art der Fehlstellung/Kieferfehllage und dem Ausmaß der Fehlstellung/Kieferfehllage. Bei bestimmten kieferorthopädischen Anomalien kann auch eine zweizeitige Behandlung erfolgen, d. h. Anomalien, die zu einer Verschlimmerung neigen, werden frühzeitig behandelt, die sonstigen Behandlungsaufgaben werden dann zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer Hauptbehandlung gelöst. Regulierungen der Zahn- und Kieferstellungen einschließlich der erforderlichen Stabilisierungsphase können mehrere Jahre in Anspruch nehmen, da in vielen Fällen auch Wachstumseinflüsse beachtet werden müssen und die Reaktion der Gewebe auf kieferorthopädische Maßnahmen individuell unterschiedlich ist.
Von besonderer Bedeutung für den Behandlungserfolg sind regelmäßige Kontrollen bei denen untersucht wird, ob sich der geplante Behandlungsfortschritt eingestellt hat und ob eine Anpassung der Behandlungsapparatur notwendig ist.
Bei einer herausnehmbaren kieferorthopädischen Behandlung wird in der Regel die Passung des Geräts kontrolliert. Es werden Bewegungselemente aktiviert und der Kunststoffkörper wird entsprechend der Gebissentwicklung modifiziert. Abschließend erfolgen Tragehinweise unter Berücksichtigung der erreichten Behandlungsziele.
Bei festsitzenden Apparaturen wird der Behandlungsfortschritt überprüft und kontrolliert, ob die Brackets und Bänder noch fest verankert sind und keine Beschädigungen aufweisen. Wenn die Apparatur sich gelockert hat, besteht das Risiko von Überlastungen durch ungünstige Krafteinwirkung. Daher sollte auch bei einer Beschädigung oder Lockerung einer festsitzenden Apparatur möglichst bald ein Kontrolltermin vereinbart werden. Durch den Wechsel und die Modifikation der Drahtbögen wird die festsitzende Apparatur wieder aktiviert, um die noch anstehenden Behandlungsaufgaben zu lösen. Bei einem solchen Kontrolltermin können auch kleine Federn oder Gummiketten eingebracht werden, sowie Gummizüge zum eigenständigen Einhängen durch die Patientin oder den Patienten angewiesen werden. Ebenso wird bei diesen Kontrollsitzungen die Mundhygiene überprüft, damit keine Schäden am Zahnschmelz oder am Zahnfleisch entstehen.
Eine gute Mundhygiene durch die Patientin oder den Patienten ist bei einer festsitzenden Behandlung unerlässlich. Wenn die Patientin oder der Patient angewiesen wurde, Gummizüge an bestimmten Zähnen einzuhängen, ist eine gute Mitarbeit für den Behandlungserfolg entscheidend.
Während einer festsitzenden Behandlung sollten klebrige Nahrungsmittel und Süßigkeiten wegen des erhöhten Kariesrisikos und der Gefahr einer Beschädigung der Apparatur gemieden werden. Harte Nahrungsmittel wie z. B. Nüsse begünstigen ebenfalls eine Beschädigung der Apparatur.
Nach Abschluss der aktiven kieferorthopädischen Behandlung schließt sich die Stabilisierungsphase an, bei der das Behandlungsergebnis durch fest eingegliederte Haltedrähte (Retainer) oder herausnehmbare Apparaturen oder eine Kombination aus beidem gesichert wird. Besonders wichtig ist dabei auch das Einhalten der angewiesenen Tragezeit bei herausnehmbaren Halteapparaturen, da sich sonst die Zähne wieder in Richtung ihrer Ausgangsposition zurückbewegen können (Rezidiv).
Auch während der Stabilisierungsphase sind regelmäßige Kontrollen nötig, damit ein Rezidiv frühzeitig erkannt werden kann und Beschädigungen der Apparaturen rechtzeitig repariert werden können.
Stand: Oktober 2024
Was übernimmt die Kasse?
Leistungspflicht der Krankenkassen für eine kieferorthopädische Behandlung
Versicherte haben Anspruch auf kieferorthopädische Versorgung in medizinisch begründeten Indikationsgruppen, bei denen eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt, die das Kauen, Beißen, Sprechen oder Atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht. Gemäß den Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen (heute bekannt als Gemeinsamer Bundesausschuss) für die kieferorthopädische Behandlung basiert die Leistungspflicht der Krankenkassen auf einem Klassifizierungssystem: den sogenannten Kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG).
Das KIG-System sieht eine Einteilung der kieferorthopädischen Indikationsgruppen in fünf Behandlungsbedarfsgrade vor, die nach dem klinischen Befund und dem Ausmaß der Behandlungsbedürftigkeit unterschieden werden. Eine Leistungspflicht der Krankenkasse besteht bei Vorliegen der Behandlungsbedarfsgrade 3 bis 5, nicht hingegen bei Vorliegen der Behandlungsbedarfsgrade 1 oder 2.
Die Kosten für eine kieferorthopädische Behandlung, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres begonnen wird, übernehmen gesetzliche Krankenkassen nicht. Davon ausgenommen sind Fälle schwerer Kieferanomalien, sofern eine Einstufung in vorgegebene Behandlungsbedarfsgrade vorliegt. In diesen Fällen ist die Erstellung eines aufeinander abgestimmten kieferchirurgisch/kieferorthopädischem Behandlungskonzept notwendig.
Gesetzlicher Eigenanteil im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung – gemäß § 29 Abs. 2 SGBV
Versicherte leisten zu der kieferorthopädischen Behandlung einen Anteil von 20 % der Kosten an den Vertragszahnarzt. Dies gilt nicht für im Zusammenhang mit kieferorthopädischer Behandlung erbrachten konservierend-chirurgische- und Röntgenleistungen. Befinden sich zwei versicherte Kinder, die bei Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und mit Ihren Erziehungsberechtigten in einem Haushalt leben, in kieferorthopädischer Behandlung, beträgt der Anteil für das zweite und jedes weiter Kind 10 %.
Der Vertragszahnarzt rechnet die kieferorthopädische Behandlung abzüglich des gesetzlichen Versichertenanteils mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab. Wenn die Behandlung in dem durch den Behandlungsplan bestimmten medizinisch erforderlichen Umfang abgeschlossen worden ist, zahlt die Krankenkasse den von den Versicherten geleisteten Anteil an die Versicherten zurück.
Gesetzliche Mehrkostenregelung im Bereich Kieferorthopädie – gemäß § 29 Abs. 5 bis 7 SGB V
Gesetzlich Versicherte haben einen Anspruch auf eine zuzahlungsfreie kieferorthopädische Behandlung. Im Rahmen der Aufklärung über mögliche Behandlungsalternativen seitens des Vertragszahnarztes können gesetzlich Versicherte allerdings sogenannte Mehrleistungen oder Zusatzleistungen wählen - gemäß dem Katalog kieferorthopädischer Mehrleistungen und Zusatzleistungen Anlage B BMV-Z.
Im Folgenden werden die zuvor genannten Begriffe näher erläutert und für die jeweiligen Leistungen einige Beispiele aufgeführt:
Mehrleistungen sind Leistungen, welche mit den im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA) vergleichbar sind und sich lediglich in der Durchführungsart oder durch die eingesetzten Behandlungsmittel unterscheiden. Die GKV-Leistung(en) wird dann mit der Krankenkasse abgerechnet und der Versicherte trägt nur die Mehrkosten, welche durch die Mehrleistung(en) entstehen.
Mehrleistungen sind u. a. Brackets aus Keramik oder Kunststoff, Minibrackets, Lingualbrackets, Selbstligierende Brackets oder Bögen aus einem anderen Material als Edelstahl. Mehrleistungen fallen auch im Rahmen der Entfernung von Keramik- oder Lingualbrackets sowie bei der digitalen Abformung an.
Zusatzleistungen sind kieferorthopädische Leistungen, welche entweder im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA) nicht abgebildet sind oder die dort festgelegten quantitativen Grenzen überschreiten. Der Versicherte hat diese Kosten vollständig zu tragen.
Zusatzleistungen sind u. a. über die GKV-Leistung hinausgehende Röntgenaufnahmen, die Eingliederung- und Ausgliederung oder Wiederbefestigung von Oberkiefer-Retainern (ggf. auch von Unterkiefer-Retainern), die Eingliederung und Ausgliederung anderer ergänzender festsitzender Apparaturen.
Vereinbarung und Erklärung von Mehrleistungen und Zusatzleistungen sowie anderer Leistungen
Wünschen Versicherte im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlungen Mehrleistungen und Zusatzleistungen sowie ggf. andere Leistungen (Leistungen, die im Zusammenhang mit der kieferorthopädischen Behandlung erbracht werden) werden diese Leistungen zwischen dem Kieferorthopäden und dem Versicherten auf einem verbindlich anzuwendenden Formular (Vordruck 4d Anlage 14a BMV-Z) vorab vereinbart.