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Deutschland hat ein funktionierendes duales Krankenversicherungssystem. Der Wettbewerb zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung sowie die Konkurrenz unter den einzelnen Versicherungsunternehmen tragen maßgeblich dazu bei, dass eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung für die gesamte Bevölkerung zur Verfügung steht. Die zahnmedizinische Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ist im internationalen Vergleich sehr umfangreich, und Deutschland belegt einen internationalen Spitzenplatz in der Mundgesundheit. Eine Ungleichbehandlung von zahnärztlichen Patienten z. B. im Hinblick auf die Terminvergabe oder den Zugang zu Versorgungseinrichtungen gibt es dabei nicht.
Dennoch wird dieses erfolgreiche Zwei-Säulen-Modell gerade in Wahlkampfzeiten immer wieder in Frage gestellt. Parteien aus dem linken Spektrum fordern den radikalen Umbau des Gesundheitswesens und die Einführung einer Einheitsversicherung unter der Bezeichnung "Bürgerversicherung". Sie soll die vermeintliche Ungleichbehandlung der Patienten beenden und als Allheilmittel für die Probleme dienen, die sich für die Sozialsysteme zukünftig aus dem demografischen Wandel ergeben.
Für die zahnmedizinische Versorgung in Deutschland hätte der Umbau zu einer Bürgerversicherung eindeutig negative Konsequenzen. Der Wettbewerb im Versorgungsmarkt, der bisher die Einführung von medizinischen Innovationen vorantreibt, käme zum Erliegen. Die Wahlfreiheit der Versicherten wäre passé, die Qualität der Versorgung würde leiden, ohne dass Kosten eingespart werden oder die Versicherungsbeiträge gesenkt werden können. In einer rein umlagefinanzierten Bürgerversicherung würden keine Rücklagen für die Zukunft gebildet, wenn immer weniger junge Menschen die Versorgung von immer mehr alten Menschen mitfinanzieren müssen.
Die Vertragszahnärzteschaft in Deutschland lehnt die radikale Einführung einer Bürgerversicherung ab und fordert stattdessen eine behutsame Reform, mit der das heutige duale Versicherungssystem für die Bewältigung der zukünftigen Aufgaben im Gesundheitswesen fit gemacht wird. Das bedeutet Reformen in der gesetzlichen, aber auch in der privaten Krankenversicherung. Die KZBV hat diese Position in ihrem Grundsatzprogramm, der , dargelegt. Eine Arbeitsgemeinschaft aus mehreren Kassenzahnärztlichen Vereinigungen hat die Bürgerversicherung auf den Prüfstand gestellt, ihre Defizite in einem umfangreichen Papier analysiert und so die Forderung nach einer Weiterentwicklung des dualen Systems untermauert.
Das Bürgerversicherungskonzept hat aber auch jenseits der Zahnmedizin zahlreiche Kritiker: Jüngst hat das Institut für Mikrodaten-Analyse ein Konzept veröffentlicht, in dem ein reformiertes duales Krankenversicherungssystem aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung als Basis einer generationengerechten Gesundheitsversorgung klar favorisiert wird. Selbst die gewerkschafts- bzw. SPD-nahe Hans-Böckler-Stiftung geht hart mit der Bürgerversicherung ins Gericht. Sie hat berechnet, dass deren Einführung bis zu 70.000 Arbeitsplätze vernichten würde. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) kommt zu dem Ergebnis, dass die Einführung einer Bürgerversicherung mit erheblichen volkswirtschaftichen Kosten und Nebenwirkungen einhergehen würde.
Skeptische Töne kommen vermehrt auch von Vertretern der gesetzlichen Krankenkassen, die bezweifeln, dass die Bürgerversicherung Finanzierungsprobleme im Gesundheitswesen lösen kann.
Die Meinungen der Parteien zur Bürgerversicherung bzw. zur Zukunft der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung sowie der zahnmedizinischen Versorgung können Sie in der folgenden Synopse nachlesen.
Fragen und Antworten zur Bürgerversicherung
Stand: August 2013
Bild: © Fotolia.com/T. R.