Zahnärztliche Versorgung gehört nicht in die Hände von Investoren!
Gutachten zu investorengetragenen Medizinischen Versorgungszentren Das Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) ist seit Mitte 2019 in Kraft. Es sollte über die Beschränkung der Gründungsbefugnis von Krankenhäusern für zahnärztliche MVZ die Investitionsbestrebungen von Private-Equity-Investoren und damit die fortschreitende Vergewerblichung in der vertragszahnärztlichen Versorgung eindämmen. Die KZBV hat die Wirkungsweise der TSVG-Regelung und ihre Auswirkung auf die Versorgung einer eingehenden Analyse unterzogen und zwei Gutachten beauftragt. Die Gutachten bestätigen, dass Gefahren von investorengetragenen Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ) für die vertragszahnärztliche Versorgung trotz der Regelung im TSVG weiter fortbestehen. KZBV und BZÄK haben Prof. Dr. Helge Sodan, Freie Universität Berlin, mit einer Stellungnahme beauftragt, die sich zielgerichtet mit den Argumenten auseinandersetzt, die Prof. Dr. Martin Burgi in seinem Gutachten „Verfassungs- und europarechtliche Grenzen verschärfter und neuer Verbote und Beschränkungen betreffend die Träger- und Inhaberstrukturen von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ)“ im Auftrag des Bundesverbandes der Betreiber medizinischer Versorgungszentren e. V. (BBMV) im Mai 2023 vorgelegt hat. Die Stellungnahme von Prof. Dr. Helge Sodan zeigt, dass sämtliche in der Diskussion befindliche Reformvorschläge zum Thema iMVZ verfassungs- wie europarechtlich zulässig sind. Zusammenfassung: Kernaussagen der rechtswissenschaftlichen Stellungnahme Aktuelle Analyse zu iMVZ Eine aktuelle Analyse der KZBV unterstreicht im Anschluss an das IGES-Gutachten in aller Deutlichkeit die erheblichen Gefahren von iMVZ für die Patientenversorgung: Räumliche und fachliche iMVZ-Gründungsbeschränkung einführen Auf Grundlage der Gutachten und der aktuellen Analyse der KZBV ergibt sich dringender politischer Handlungsbedarf, den mit dem TSVG beschrittenen Sonderweg für den zahnärztlichen Versorgungsbereich weiterzugehen und insbesondere eine räumlich-fachliche iMVZ-Gründungsbeschränkung gesetzlich zu verankern. Die Gefahren von iMVZ für die Patientenversorgung und die zentralen Regelungsvorschläge der KZBV fasst folgende einseitige Übersicht zusammen: |
Hintergrund
In der zahnärztlichen Versorgung lässt sich seit der Öffnung der Versorgung für fachgruppengleiche Medizinische Versorgungszentren (MVZ) 2015 eine dynamische Ausbreitung investorengetragener MVZ (iMVZ) beobachten. Der Einstieg der hinter diesen iMVZ stehenden Private-Equity-Gesellschaften und anderer großer Finanzinvestoren erfolgt über den Umweg, ein – häufig besonders kleines oder in finanzielle Schieflage geratenes – Krankenhaus zu erwerben und damit die gesetzliche Gründungsbefugnis für MVZ zu erlangen.
Der aktuelle Rechtsrahmen ohne eine räumliche und fachliche Gründungsbeschränkung führt beispielsweise dazu, dass eine Waiblinger Klinik in Baden-Württemberg mit gerade einmal 15 Betten – eine chirurgische Belegarztklinik ohne zahnmedizinischen Versorgungsauftrag – ein zahnärztliches iMVZ am Starnberger See in Bayern gegründet hat. Dieses Beispiel zeigt in aller Deutlichkeit, dass es den Finanzinvestoren beim Krankenhauskauf nicht um die Stärkung der regionalen medizinischen Versorgung vor Ort geht. Vielmehr nutzen sie (Kleinst-)Kliniken lediglich als ein Vehikel, um in besonders einkommensstarken Regionen die Gründungsbefugnis für ein MVZ zu erlangen und dort eine maximale Rendite abzuschöpfen.
Gefahren von investorengetragenen MVZ (iMVZ) für die Patientenversorgung
Die KZBV, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts gesetzlich beauftragt ist, eine wohnortnahe, flächendeckende und qualitativ hochwertige zahnärztliche Versorgung sicherzustellen, hat diese Entwicklung sehr frühzeitig kritisch in den Blick genommen und vor den Folgen für die Patientenversorgung gewarnt: Mit dem einseitigen Fokus auf schnelle Gewinnmaximierung stellen iMVZ eine erhebliche Gefahr für die Versorgungsqualität, das Patientenwohl und die Sicherstellung der Versorgung insgesamt dar.
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Kaum iMVZ im ländlichen und strukturschwachen Raum: iMVZ siedeln sich vornehmlich in Großstädten und Ballungsräumen mit überdurchschnittlichen Einkommen an, die häufig bereits einen hohen zahnärztlichen Versorgungsgrad aufweisen. Zur Versorgung in strukturschwachen, zumeist ländlichen Gebieten leisten iMVZ keinen nennenswerten Beitrag.
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Tendenz zu Über- und Fehlversorgung: Die Analyse von Abrechnungsdaten zeigt eine Tendenz zu Über- und Fehlversorgungen in iMVZ gegenüber den bewährten Praxisformen.
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Geringer Beitrag zur Versorgung vulnerabler Patientengruppen: An der Versorgung von pflegebedürftigen Menschen und Menschen mit Behinderung im Rahmen der aufsuchenden Versorgung und von Kindern und Jugendlichen mit präventiven Leistungen der Individualprophylaxe nehmen iMVZ kaum teil.
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Gefahr von iMVZ-Großstrukturen: Durch größere Kettenbildungen steigt die Gefahr von regionalen Versorgungslücken im Fall von Insolvenzen mit erheblichen Folgen für Patientinnen und Patienten. Zudem ist die zahnmedizinische Versorgung, die fast ausschließlich ambulant erbracht wird, gänzlich anders gelagert als die Versorgung im ärztlichen Bereich. Es gibt keine flächendeckenden stationären Versorgungstrukturen, die den Ausfall ambulanter Strukturen zumindest partiell auffangen könnten.
- Keine ausreichende Transparenz über MVZ-Inhaberstrukturen: Die hinter iMVZ stehenden verschachtelten Eigentümerund Beteiligungsstrukturen sind häufig sehr verschachtelt und können durch die bestehenden Register nicht ausreichend nachvollzogen werden.
Vorschläge zur Lösung der Versorgungsgefahren und Erhöhung der Transparenz über iMVZ
Die Ausbreitung von investorengetragenen MVZ (iMVZ) konnte durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), das im SGB V einen Sonderweg für die vertragszahnärztliche Versorgung vorgibt, nicht nennenswert eingedämmt werden. Mit einseitigem Fokus auf schnelle Gewinnmaximierung stellen iMVZ eine erhebliche Gefahr für Patientenversorgung dar. Auf Grundlage der Gutachten im Auftrag der KZBV und der aktuellen Auswertung zu iMVZ ergibt sich dringender politischer Handlungsbedarf, den mit dem TSVG beschrittenen Sonderweg für den zahnärztlichen Versorgungsbereich weiterzugehen und insbesondere eine räumlich-fachliche iMVZ-Gründungsbeschränkung gesetzlich zu verankern.
Die zentralen Vorschläge der KZBV zur Lösung der Gefahren von iMVZ für die Patientenversorgung und die Erhöhung der Transparenz umfassen folgende Regelungen:
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Im SGB V wird eine räumliche und fachliche iMVZ-Gründungsbeschränkung für Krankenhäuser verankert: In räumlicher Hinsicht muss das von einem Krankenhaus gegründete MVZ in demselben Planungsbereich wie das Krankenhaus liegen. Zudem sollten zahnärztliche MVZ nur von Krankenhäusern mit einer zahnmedizinischen Fachabteilung bzw. einem zahnmedizinischen Versorgungsauftrag gegründet werden. Zwingend notwendig ist es, den mit dem TSVG beschrittenen Sonderweg für den vertragszahnärztlichen Bereich weiterzugehen und eine räumliche und eine fachliche Beschränkung gesetzlich zu verankern.
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Transparenzregister: In Anlehnung an die bereits existierenden Zahnarztregister wird eine Rechtsgrundlage für die Einrichtung von MVZ-Registern auf Bundes- und Landesebene geschaffen, die Transparenz über die Inhaber- und Beteiligungsstrukturen, insbesondere von iMVZ schafft und die Prüfung von deren Eignung zur Teilnahme an der Versorgung durch den Zulassungsausschuss ermöglicht. Die Eintragung in das Register sollte verpflichtende Zulassungsvoraussetzung für MVZ sein.
- Praxisschilder: Zahnärztliche MVZ werden gesetzlich verpflichtet, in geeigneter Weise auf ihrem Praxisschild und auf ihrer Homepage Angaben über ihren Träger und die gesellschaftsrechtlichen Inhaberstrukturen zu machen.
Stellungnahme Anlässlich der Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages zu Kapitalinteressen in der Gesundheitsversorgung am 4. März 2020 hat die KZBV vor den negativen Folgen einer zunehmenden Vergewerblichung des Gesundheitswesens in Deutschland gewarnt. Insbesondere für rein zahnärztliche Medizinische Versorgungszentren unter der Kontrolle von in- und ausländischen Fremdinvestoren, so genannte Investoren-MVZ (i-MVZ) müsse die Politik deutlich mehr Transparenz schaffen, etwa durch die Einrichtung eines entsprechenden Transparenzregisters. |
Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG)
Beschlüsse der Vertreterversammlung rund um das Thema MVZ
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