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Beschluss
Die Vertreterversammlung der KZBV fordert den Gesetzgeber auf, die zahnärztliche Versorgung von Menschen mit Behinderungen in den folgenden Punkten zu verbessern:
- Möglichkeit des Abschlusses von Kooperationsverträgen nach § 119b SGB V nicht nur mit Pflegeeinrichtungen, sondern auch mit Behinderteneinrichtungen
- Beteiligung der Vertragszahnärzteschaft an Medizinischen Behandlungszentren (MZEB) nach § 119c SGB V zur koordinierten interdisziplinären Diagnostik und Erstversorgung von Menschen mit Behinderungen
Darüber hinaus beauftragt die VV den Vorstand der KZBV eine Arbeitsgruppe einzurichten, die sich mit der Erarbeitung konkreter Lösungsvorschläge zu den folgenden Themen bis zur Herbst-VV befasst:
Extrabudgetäre Vergütung der erforderlichen ambulanten Anästhesien für Menschen mit Behinderungen ohne Gegenrechnung mit der Gesamtvergütung der Anästhesisten.
- Schaffung eines adäquaten zahnärztlichen Gebührenrahmens für die stationäre Versorgung von Menschen mit Behinderungen.
- Schaffung ausreichender räumlicher Behandlungskapazitäten
- Aufwandsgerechte Vergütung der Behandlung schwerstbehinderter Menschen.
Begründung
Die derzeitige Versorgungssituation von Menschen mit Behinderungen gestaltet sich in mehrfacher Hinsicht durch rechtliche Rahmenbedingungen sehr unbefriedigend.
Zu 1.: Immer wieder fragen Behinderteneinrichtungen nach dem Abschluss für Kooperationsverträge gemäß §119b SGB V nach. Die unter medizinischen und Versorgungsaspekten völlig unbefriedigende Antwort darauf lautet, dass Behinderteneinrichtungen bisher von diesen wichtigen Präventionsangeboten ausgeschlossen sind.
Zu 2.: Die MZEB sollen den Menschen mit schweren Behinderungen helfen, ihre medizinische Versorgung interdisziplinär und sektorenübergreifend sinnvoll zu koordinieren. Eine Beteiligung der Zahnärzteschaft an den seitens der KVen ermächtigten MZEB erscheint unter diesem Gesichtspunkt unverzichtbar in Anbetracht der hohen Prävalenz von odontogenen Erkrankungen bei diesen Menschen.
Zur Honorierung der Anästhesisten: § 87b Abs. 2 Satz 5 SGB V ist zwar festgelegt, dass Anästhesien bei Menschen mit schweren Behinderungen von der Höhe ungekürzt und in der Menge unbegrenzt dem erbringenden Anästhesisten ausgezahlt werden müssen, dieses Leistungen werden jedoch der Gesamtvergütung aller Anästhesisten dann wieder entnommen. Die sich daraus ergebende verringerte Motivation der Anästhesisten zur Durchführung dieser Narkosen führt im Versorgungsalltag zu einem akuten Mangel an Anästhesiemöglichkeiten.
Zur stationären Behandlung Behinderter Patienten: Es gibt im stationären Bereich keine Gebührenpositionen für die konservierende, parodontologische oder prothetische Versorgung von Menschen mit Behinderungen. Abgedeckt ist lediglich die chirurgische Versorgung. Auch dieser Patientenkreis hat Anspruch auf eine befundadäquate Therapie im Rahmen des Versorgungsspektrums der Zahnmedizin und nicht nur auf die Entfernung von Zähnen.
Zu den räumlichen Behandlungsmöglichkeiten: Viele schwer und schwerstbehinderte Patienten sind aufgrund ihres Allgemeinzustandes nur stationär zahnärztlich zu therapieren. Die derzeitigen rechtlichen Regelungen erscheinen nicht ausreichend.
Zur aufwandsgerechten Vergütung: Die Behandlung schwerstbehinderter Patienten ist in keiner Weise mit der alltäglichen Versorgung von Patienten in der zahnärztlichen Praxis vergleichbar, weder vom Schwierigkeitsgrad her, noch vom Zeitaufwand. Dieser Umstand wird bisher vom geltenden gesetzlichen Gebührenrahmen nur unzureichend berücksichtigt. Diese Menschen haben Anspruch auf eine adäquate zahnärztliche Versorgung, wie die Zahnärzte Anspruch haben auf eine aufwandsadäquate Vergütung ihrer zahnärztlichen Leistungen. Schwerstbehinderte Patienten sollten nicht nur auf das moralisch ethische Verantwortungsgefühl der sie behandelnden Zahnärztinnen und Zahnärzte angewiesen sein.