Nicht unter überzogenem Zeitdruck und mit massiven Sanktionen für die Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte
Beschluss
Die Vertreterversammlung der KZBV unterstützt grundsätzlich eine stärkere Interoperabilität (IOP) im Gesundheitswesen. Die mit dem Digital-Gesetz (DigiG) zu diesem Zweck neu vorgesehenen IOP-Zertifizierungsvorgaben und -verfahren führen allerdings, was bereits jetzt deutlich absehbar ist, zu einem kaum realistisch umsetzbaren Zeitdruck für die ab dem 01.01.2025 notwendigen IOP-Zertifizierungen der PVS-Systeme und belegen zu allem Überfluss die Vertragszahnärztinnen und -zahnärzte ab dem 01.01.2025 über die ab dann geltende Fassung des § 372 Abs. 3 SGB V mit einem völlig unverhältnismäßigen Abrechnungsverbot, wenn sie ab diesem Zeitpunkt kein IOP-zertifiziertes PVS-System für die Leistungsabrechnung einsetzen bzw. einsetzen können. Die Vertreterversammlung fordert daher das BMG und den Gesetzgeber mit Nachdruck dazu auf, die gesetzlichen Regelungen, insb. den ab 01.01.2025 geltenden § 372 Abs. 3 SGB V, zeitnah so zu ändern, dass die Zahnärztinnen und Zahnärzte nicht – und schon gar nicht mit einem extrem schwerwiegenden Abrechnungsverbot – sanktioniert werden, wenn sie unverschuldet nicht über eine IOP-zertifizierte PVS-Software verfügen. Vergleichbares gilt für die bußgeldbewehrte Pflicht nach § 386 SGB V, Gesundheitsdaten an die Versicherten im jeweils gültigen interoperablen Format herauszugeben.
Begründung
Die Vertreterversammlung der KZBV bekräftigt erneut ihre grundsätzliche Unterstützung einer stärkeren Interoperabilität (IOP) im Gesundheitswesen. Sehr zum Bedauern der Vertreterversammlung sind mit Inkrafttreten des Digital-Gesetzes (DigiG) im März 2024 die vielen wichtigen Anregungen der KZBV zum damaligen Regierungsentwurf des DigiG nicht berücksichtigt worden. Die mit dem DigiG neu vorgesehenen IOP-Zertifizierungsvorgaben und -verfahren führen, was bereits jetzt deutlich absehbar ist, zu einem kaum realistisch umsetzbaren Zeitdruck für die ab dem 01.01.2025 notwendigen IOP-Zertifizierungen der PVS-Systeme:
Das hierfür zuständige, neu zu schaffende Kompetenzzentrum für Interoperabilität im Gesundheitswesen (KIG) ist noch im Aufbau begriffen und es ist nicht absehbar, wann es arbeitsfähig sein wird. Die zur Umsetzung der IOP-Vorgaben und Zertifizierungsverfahren erforderliche Rechtsverordnung liegt erst in einem Entwurfsstadium vor. Die hierfür ebenfalls nötige Geschäfts- und Verfahrensordnung des KIG existiert noch nicht. Zahlreiche rechtliche und tatsächliche Probleme rund um die neuen IOP-Vorgaben und IOP-Zertifizierungsverfahren sind noch ungeklärt. Die PVS-Hersteller müssen auf dieser unausgereiften Grundlage bis Ende 2024 sämtliche ihrer Produkte an die IOP-Vorgaben anpassen sowie erfolgreich den neuen Zertifizierungsverfahren unterzogen haben, um ihre Produkte auf den Markt bringen bzw. auf diesem halten zu dürfen – auch dies erfordert jeweils Zeit.
Obwohl die Vertragszahnärztinnen und -zahnärzte auf all diese Prozesse keinerlei Einfluss haben und für die absehbaren zeitlichen und sonstigen Umsetzungsprobleme keinerlei Verantwortung tragen, hat der Gesetzgeber mit dem DigiG zudem die ab dem 01.01.2025 geltende Fassung des § 372 Abs. 3 SGB V in unzumutbarer Weise so ausgestaltet, dass die Praxen ab dem 01.01.2025 keine Leistungsabrechnung mehr vornehmen dürfen, wenn sie hierfür nicht PVS-Systeme einsetzen, die die o. g. IOP-Zertifizierungsverfahren erfolgreich durchlaufen haben. Dadurch werden die Vertragszahnärztinnen und -zahnärzte mit der massiven, existenzgefährdenden Sanktion eines Abrechnungsverbotes belegt, selbst wenn sie völlig unverschuldet nicht über ein zertifiziertes PVS-System verfügen.
Nicht zu vernachlässigen ist dabei auch, dass bei einem ggf. notwendigen Wechsel des PVS hin zu einem zertifizierten System – z. B. weil die aktuelle PVS nicht zertifiziert oder ein (künftig) vorhandenes Zertifikat nicht aktualisiert oder entzogen wird – jede betroffene Praxis mit nicht unerheblichen Kosten für den Umzug auf ein neues PVS sowie weitreichenden Schulungsmaßnahmen für das Praxispersonal zu rechnen hat und bis zur zeitaufwendigen Implementierung des neuen PVS ebenfalls nicht abrechnen könnte.
Daher ist es unerlässlich, dass die gesetzlichen Regelungen, insbesondere die ab 01.01.2025 geltende Fassung des § 372 Abs. 3 SGB V, zeitnah so geändert wird, dass die Zahnärztinnen und Zahnärzte nicht – und schon gar nicht mit einem extrem schwerwiegenden Abrechnungsverbot – sanktioniert werden, wenn sie unverschuldet nicht über eine IOP-zertifizierte PVS-Software verfügen.
Vergleichbares gilt für die bußgeldbewehrte Pflicht nach § 386 SGB V, Gesundheitsdaten an die Versicherten im jeweils gültigen interoperablen Format herauszugeben.